Tuesday 18 March 2008

Tag 1000 (Teil 1)

Heute bin ich auf eine bekannte japanische Kampfsportlegende gestoßen, als ich die 5. Episode von School Rumble gesehen habe. Eigentlich war es eine Notiz des Übersetzers. Ein Charakter sagt zum anderen: "Wenn du Zeit hast um zu schmollen, warum machst du dann nicht Suburi?" Der Anime hat nichts mit Kampfsport zu tun, er ist dem Comedy/School Genre zuzuordnen. Doch zurück zu der Legende; es handelt sich dabei um eine Weisheit im Kendo:

"Wenn du 1000 Schläge (Suburi) am Tag für 1000 Tage hintereinander machst, wirst du Erleuchtung erlangen."

Suburi ist eine fundamentale Technik in Kendo, Iaido, Kenjutsu und Aikidio bei der das Shinai oder Bokken von oben nach unten geschwungen wird. Dabei gibt es 7 übliche Techniken von denen Shomen Suburi wahrscheinlich die grundlegende ist. Wer wissen will wie die Technik genau aussieht, der kann hier ein Video finden.
Ich habe ein bisschen gegoogelt, aber noch nicht den Ursprung des Zitats gefunden. Einige schreiben es Miyamoto Musashi zu, aber dieser schreibt eigentlich von 1.000 Tagen Übung des Anfängers und 10.000 Tage Übung des Meisters. Beim googeln bin ich auf folgenden Blog von einem Kendoka gestoßen, der sich dieser Herausforderung gestellt und jeden Tag während seinen 1.000 x 1.000 Suburi festgehalten hat. Der Blog startet Ende 2003 und endet am 05.01.2007 und hat damit also ungefähr 3 Jahre Laufzeit.
Ich habe mir einige und vor allem den letzten Eintrag in seinem Blog durchgelesen und finde dieses Höchstmaß an Disziplin beeindruckend und zugleich traurig, da sein Projekt ein absehbares und definitives Ende schon von Anbeginn hatte.

Natürlich würde ich nicht darüber schreiben, wenn ich mich nicht selbst dieser Herausforderung stellen wollen würde. Deshalb ist heute Tag 1000 und ich beginne mit 10 x 100 Shomen Suburi.


Es ist kalt, doch ich gehe nur mit einem T-Shirt und Jogginghosen auf die Terrasse. Ich sammle meine Konzentration, fokussiere einen Punkt in 10 Meter Entfernung an, nehme die Haltung an. Atme ein und atme aus. Dann beginne ich langsam 100 Mal meine Suburi zu machen.
Ich komme mit dem Zählen aus dem Takt. Meine Füße bewegen sich asynchron zu meinen Schlägen, doch ich schaffe die 100 Schläge am Stück. Kurzes Durchatmen. Ich spüre meine schwache Schultermuskulatur.
Bis zum 200. Schlag finde ich keinen passenden Rhythmus und mein Körper beginnt zu Schmerzen.
Die nächsten 100 Schläge fordern mir alles ab, aber mein Geist beginnt sich durch den Schmerz zu fokussieren. Ich finde einen Atemrhythmus und passe meine Zählweise an. Mehr Schritte werden synchron zu meinen Schlägen. Ich sinke zusammen und liege auf dem kalten Stein. Die Wolken im Himmel bewegen sich und einen Moment versinke ich in ihnen. 300 Schläge.
330 Schläge. Ich breche ab. Sinke zusammen. Ich habe keine Kondition. Die Außenseite meiner Wade am linken Bein verkrampft sich und ich beiße die Zähne zusammen. Ich habe auch Krämpfe in den Schultern und lasse das Shinai sinken. Ich hole mir ein Stück Papier um meine Erfahrungen und Schmerzen festzuhalten. 2 Minuten Pause.
Ich stehe wieder auf und bringe die letzten 70 Schläge zu Ende. 400 erreicht. An meiner linken Hand haben sich zwei Blasen gebildet. Das Leder des Shinai ist noch neu und rau.
Zwischen dem 460 und 480 Schlag spüre ich wie sich die beiden Blasen öffnen und der Schmerz meine linke Hand betäubt. 10 Minuten Pause um die Hand zu verbinden und das Erlebte festzuhalten. Bloß nichts vergessen.
Die Kälte habe ich vergessen, schon lange. Bis Schlag 600 finde ich ab und an einmal Stellen in denen ich synchron bin. Ich fange mir an Gedanken zu machen. Warum mache ich das? Ich habe nie wirklich Kendo Training besucht. Ich kenne gerade einmal die Ausführung der zwei Grundtechniken und selbst die ist bei mir fehlerhaft. Es geht nicht darum.
Seitenwechsel, andere Perspektive. Ich fixiere meinen Blick auf eine weiße Stelle zwischen den roten Ziegeln der gegenüberliegenden Häuserwand. 840 Schläge, ich setzt ab. Durchatmen, Schmerz vergessen. Mein Blick flirrt von einem Punkt zum anderen, alles ist so verschwommen. Meine Schläge haben nur noch die Andeutung einer Technik. Jedes Mal wenn ich den Arm hebe durchzuckt es meine Schultermuskulatur. Es ist eine Qual.
Schlag 990. Ab jetzt langsam besinne dich noch einmal auf die Technik und deine Atmung. Schlag 1000.
Die große Herausforderung ist es jetzt die Kaffeetasse zu halten ohne den Inhalt zu verschütten.

Morgen wartet der Muskelkater und 1000 Schläge auf mich.


P.S. Die Interpunktion muss ich nachliefern.

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