Tuesday, 22 April 2008

Doping fürs Gehirn (Teil 1)

Seit einiger Zeit ist unter anderem auf Gene Expression eine Diskussion im Gange, die Pro und Kontra von so genannten Neuro-Enhancements diskutiert. Die Idee dahinter ist, seine psychische Leistungsfähigkeit mit Medikamenten (oder einen Schritt weiter: mit Elektronik) zu verbessern - Doping fürs Gehirn. Wired hat nun eine Liste mit 12 Punkten veröffentlicht, welche angeblich die Leistungsfähigkeit des Gehirns verbessern sollen (auf Punkt 5 will ich in einem Extrabeitrag noch gesondert eingehen):

1. Statisches Lernen durch Ablenkung. Ist man genötigt Listen auswendig zu lernen, dann ist es sinnvoll zunächst das eigentliche Material durch zugehen und dann zu versuchen etwas ähnliches zu memorisieren. Dadurch soll das Gehirn härter arbeiten um die eigentlichen Informationen zu speichern, wie eine Studie der UCLA 2007 zeigte.

2. Regelmäßige Koffeinzufuhr. Im Laufe des Tages produziert der Körper Adenosin, ein Nukleosid welches die Ausschüttung von Dopamin, Acetylcholin oder Noradrenalin blockiert und unseren Blutdruck senkt. Die Blockierung dieser Neurotransmiter führt zu Ermüdung - so nimmt man an. Dem kann man mit Koffein entgegenwirken. Dabei sind regelmäßige Koffeinpausen effektiver als ein punktueller Überschuss. In Kombination mit Zucker, soll sich der Effekt sogar verstärken. Dennoch muss man bedenken, dass unser Körper nicht umsonst Adenosin produziert.

3. Interesse und Wissensnetze. Hier weiche ich von Wired ab und präsentiere eine dynamische Lernmethode anstelle einer statischen. Möchte man sich eine Vielzahl von Wissen aneignen, so beginnt man am besten mit dem Teil für den man sich besonders interessiert, egal wie dumm und trivial das einem erscheinen mag und arbeitet sich zu anderen Themen vor - mit dem Bezug zum interessanten Thema. Man betreibt sozusagen ein neurologisches Linkhopping. Beispiel: Sagen wir das Wissen sei Wikipedia und ich interessiere mich für Star Trek. Ich lese mir den Artikel durch und stoße auf einen Verweis zu Egalitarismus durch folgenden Abschnitt:
Der Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry war ein leidenschaftlicher Fürsprecher egalitärer Politik und benutzte die Serien häufig, um seine Vision einer auf diesen Prinzipien basierenden zukünftigen Gesellschaft zu vermitteln.
Jetzt bin ich schon mal einen Schritt weiter und lese mir diesen Artikel durch, dabei stoße ich auf folgenden Abschnitt:
Die Konzeption einer z.B. politischen, ökonomischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Elite steht im Gegensatz zu egalitären Gesellschaftskonstruktionen.
Ich interessiere mich für den Begriff der Elite und öffne diesen Verweis. In dem Artikel finde ich wiederum einen Verweis auf Studiengebühren und öffne ihn. Auf diese Art und Weise kann man sich über ein Thema, für das man sich interessiert, ein Netz von Wissen erarbeiten.

4. Naivität. Schon oft wurde von Philosophen und Wissenschaftlern die Naivität der Kinder idealisiert und zum wichtigsten Gut des Menschen erklärt. Damit meint man nicht gedankenloses Folgen, sondern an Wissensphänomene neutral und Unvoreingenommenheit heranzutreten. Wenn man neue Dinge lernt und sich dabei gut fühlt, ganz egal, ob es sich dabei um Star Trek oder die Stringtheorie handelt und man spürt wie man an Wissen dazu gewinnt, dann hat das einen positiven Effekt. Das Gehirn ist nicht sozio-kulturellen Wertungssystemen unterworfen und beurteilt nicht, ob es besser ist 3000 Jahre Wissen über aventurische Geschichte oder alles seit Romulus und Remus zu speichern. Neue Neuronenverbindungen werden so oder so hergestellt.

5. Dauerhaften Stress vermeiden. Ein bisschen Druck zur richtigen Zeit kann zwar wahre Wunder wirken, aber kontinuierlicher Stress ist zu vermeiden, da das Amygdala, eine Hirnregion welche für emotionale Verarbeitung zuständig ist, sonst Kontrolle übernimmt und rationales, geordnetes Denken kaum mehr möglich ist. Yoga und Schlaf soll helfen, also im Prinzip alles bei dem man "sich verlieren kann" und/oder bewusste Atmung erreicht.

6. Strukturen aufbrechen und neu bilden. Wenn nötig und möglich, kann es sinnvoll sein bestehende Strukturen anzupassen an das individuelle Verständnis. Man hat zum Beispiel folgende Zahlensequenzen A = [308, 933, 561, 192] und B = [543, 1230, 593, 4844]. Die Reihenfolge der Zahlen ist fakultativ und man muss beide Sequenzen (A und B) memorisieren, dann könnte es sinnvoll sein, die Zahlen nach einem eigenen System neu zu ordnen. Ob man sich dabei eine assoziative Brücke baut und die zahlen entsprechend anordnet oder von niedriger zu hoher Zahl geht, das ist einem selbst überlassen.
Meist haben sich die Leute, welche diese Strukturen erstellt haben, etwas dabei gedacht und man sollte diese Strukturen zwar immer hinterfragen, aber auch beachten und dann entscheiden.

7. Finger und Mund. Genauso wie man Assoziationen als Hilfsmittel einsetzen kann, so kann man auch seinen Körper einsetzen. Finger zum Rechnen und Zählen benutzen und das Repetieren von Texten durch vorlesen kann helfen. Ihr mögt vielleicht glauben, dass ihr dabei dumm ausseht, aber ihr seid alles andere als dumm.

8. Lehren und Lernen. Man nimmt an, dass man durch Erklären eines Sachverhaltes für andere, und die damit verbundene Portionierung und Simplifizierung der Fakten, die Effektivität des eigenen Verstehens für die Thematik um bis zu 90% erhöht. Wenn man etwas also nicht kapiert hat, dann sollte man es erst seinem Hund erklären, um es sich selbst zu erklären und anschließend seinem Freund oder Freundin, um das Wissen auch zu verankern.

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